Erotik & Abenteuer: Darina - Die Geliebte der Schatten





Darina hat alles verloren: ihre Rolle als Kralica, ihre Zukunft, ihre große Liebe. Am Boden zerstört flüchtet sie zurück in ihre Heimat, doch auch dort ist nichts mehr so, wie es war. Bedrängt von den Männern, die sie für sich beanspruchen, findet sie sich auch noch in einem Komplott wieder, das darauf abzielt, sie ein für allemal zum Schweigen zu bringen. Während sich Darina mit letzter Kraft für ihre Freiheit und ihre Prinzipien einsetzt, kämpft Tarabas um sein Leben und darum, seine geliebte Darina wiederzusehen.


Darina
Im Dunkel der Nacht

Die Nacht ist so schwarz, dass ich nicht einmal meine Hand vor Augen sehe. Kein einziger Stern leuchtet am Himmel, selbst der Mond hat aufgegeben, sich der Dunkelheit zu widersetzen. So sehr ich mich auch anstrenge, ich schaffe es nicht, die Finsternis zu bezwingen und hinter die Schatten zu blicken. Doch auch wenn ich nichts sehen kann, weiß ich sofort, dass ich nicht alleine in meinem Gemach bin. Ich kann spüren, dass jemand da ist. Ich kann ihn atmen hören und ich kann seinen Duft riechen.

»Tarabas?«, frage ich mit zitternder Stimme in die Dunkelheit.

Keine Antwort.

»Tarabas, bist du hier?«

Er muss es sein. Ich kann seine Anwesenheit fühlen. Mit jedem Atemzug, den ich tue, atme ich seinen vertrauten Duft ein. Sein maskulines Aroma liegt so intensiv in der Luft, dass ich es auf meinen Lippen schmecken kann. Ich fühle seine Präsenz auf meiner Haut, spüre das Knistern, das den Raum erfüllt.

Vorsichtig stehe ich auf und taste mich auf Zehenspitzen in die Richtung, in der ich ihn vermute. Meine Finger fahren die raue Steinwand entlang, führen mich bis zum hintersten Winkel des dunklen Gemäuers.

»Ich weiß, dass du da bist«, sage ich, als ich näher komme. »Du musst dich nicht länger verstecken.«

Behutsam strecke ich meine Arme aus, versuche ihn in der Dunkelheit zu ertasten.

»Sag mir nur eines: Wie hast du es geschafft zurückzukommen?«

»Shhh«, flüstert er und er muss auch gar nicht mehr sagen, damit ich weiß, was er denkt. Ich fühle das Leid, die Ohnmacht, die Trauer und die Hoffnungslosigkeit. Und die Momente des Glücks, die wir geteilt haben.

Er legt seine Hand auf meine, streichelt zärtlich meinen Arm entlang und lässt hunderte kleine Schmetterlinge über meine Haut tanzen.

»Ich hab dich so vermisst«, flüstere ich ihm jetzt leise ins Ohr.

Dann spüre ich auch schon seine Lippen auf meinen. Mit einer schnellen Bewegung zieht er mich in seine starken Arme. Lässt mich seine muskulöse Brust spüren und seinen Herzschlag hören. Seine Küsse rauben mir den Atem und den Verstand, so süß, so liebevoll und so intensiv. Ich kann nicht genug kriegen, drücke mich ihm gierig entgegen und bettle um mehr.

Seine Arme umschlingen mich, halten mich fest und wiegen mich in Sicherheit. Zärtlich streichelt er über meinen Rücken, fasst in mein Haar, schiebt es zur Seite und beginnt meinen Nacken zu liebkosen. Dann finden seine Finger die Träger meines langen Nachtkleides und schieben sie hastig von meinen Schultern. Der zarte Stoff gleitet zu Boden, lässt mich unbedeckt in der kühlen Nachtluft zurück. Doch ich friere nicht solange er da ist. In seinen Armen fühle ich mich geschützt und geborgen. Glühe in der Hitze der Leidenschaft.

Seine Hände tasten sich weiter vor, streicheln meinen Rücken und meinen Po. Kneifen vorsichtig in meinen Hintern, liebkosen die empfindlichen Innenseiten meiner Schenkel und verursachen ein begehrliches Ziehen in meinem Unterleib.

»Ich liebe dich«, höre ich ihn stöhnen, während er sein Gesicht in meinem Dekolleté vergräbt.

Ich werfe meinen Kopf in den Nacken, gebe mich seiner sinnlichen Berührung hin, bis sich unsere Münder erneut finden und zu einem nicht enden wollenden Kuss vereinen. Ich kann spüren, wie sich seine Männlichkeit gegen mein Geschlecht drückt. Groß. Mächtig. Fordernd. Und es gibt nichts, das ich in diesem Moment mehr will als ihn.

»Nimm mich«, flüstere ich und dränge ihm ungeduldig mein Becken entgegen. Mir ist so heiß, dass ich das Gefühl habe, verglühen zu müssen, wenn ich nicht in seinen Armen Erlösung finde. »Lass mich dich noch einmal spüren!«

Er zieht mich noch weiter an sich, umfasst mit seiner kräftigen Hand meine Hüften. Dann hebt er mich mit einer raschen Bewegung hoch, wirbelt mich herum und drückt mich gegen die Wand. Mit einem Griff fasst er meine beiden Handgelenke über meinem Kopf zusammen und hält sie mit einer Hand fest. Eingeklemmt zwischen den Steinen und seinem Körper, zerfließe ich vor Begierde. Schlinge fordernd meine Beine um sein Becken und schließe die Augen, um mich voll und ganz seiner Leidenschaft hinzugeben. Mein Puls rast und das Kribbeln in meiner Mitte ist so intensiv, dass ich meine, es keinen Moment länger ertragen zu können. Ich brauche ihn, ich muss ihn spüren. Ich muss mich endlich wieder selbst spüren.

 

Als ich aus meinem Traum erwache, bin ich mit der Dunkelheit allein. Ich weiß nicht, ob die Nacht eben erst begonnen hat oder ob sie schon fast wieder vorüber ist, denn ich habe jedes Zeitgefühl verloren, seit er fort ist. Ich schlafe, weil ich ständig müde bin und ich verlasse mein Schlafgemach nur, wenn es unbedingt notwendig ist. Es gibt für mich nichts mehr da draußen. Nichts, wofür es sich lohnen würde, aufzustehen. Ich habe in den letzten Tagen wenig zu mir genommen. Ich kann mich nicht einmal daran erinnern, wann ich zuletzt etwas gegessen habe. Mein Magen knurrt und tut weh. Doch ich bin froh, dass ich überhaupt etwas fühle.

Mühsam quäle ich mich aus meinem Bett, ziehe mir meinen Umhang über die Schultern, um mich vor der kühlen Luft des nahenden Winters zu schützen, und husche aus dem Zimmer. In den Gängen ist Licht, mehrere Fackeln leuchten den Weg hinunter zu den Sälen und zur Speisekammer und ich kann Geräusche hören, die darauf schließen lassen, dass der Abend gerade erst zu Ende geht. Laute Stimmen und kräftige Schritte, die von den Wachposten kommen. Heiteres Geplapper und Gekicher von den Frauen.

Ich habe keine Lust, an den Wachen oder - noch schlimmer - an den Kralici vorbeizugehen, also nehme ich nicht die nächste Treppe nach unten, sondern gehe den Gang weiter, bis ich zu den Oststiegen komme, die nach unten zum Kriegertrakt führen. Dieser Flügel dürfte um die Zeit ruhig sein, vermute ich, vielleicht habe ich Glück und komme zur Vorratskammer ohne jemanden zu treffen. Auf leisen Sohlen schleiche ich nach unten, halte an der letzten Stufe kurz inne, um mich umzusehen. Eigentlich habe ich hier gar nichts verloren, hier befinden sich nur die Kammern der wichtigsten Krieger … und die von Dimitras.

Ein eigenartiges Gefühl überkommt mich, als ich vor seiner Tür stehe. Ich habe seit dem Tag des Endes, so wie ich ihn jetzt nenne, kaum mit ihm gesprochen, so wie ich auch mit sonst niemandem gesprochen habe. Dabei hätte ich längst einmal nach ihm sehen müssen.

Vielleicht morgen, denke ich und will weitergehen, doch genau im selben Augenblick höre ich Gelächter aus dem Raum kommen. Es ist allerdings nicht Dimitras’ Stimme, die ich vernehme, sondern eine andere, hellere Stimme. Katalinas Stimme. Dann noch eine zweite, ebenso weibliche Stimme. Was zum Teufel soll das? Was haben die Mädchen hier zu suchen? Kurzentschlossen klopfe ich an die Tür.

»Ja bitte?«, höre ich Dimitras sagen, begleitet von weiblichem Gekicher. »Komm rein!«

Das Bild, das sich mir bietet, als ich die Tür aufstoße, ist grotesk. Dimitras sitzt mit nacktem Oberkörper im Zentrum seines großen, einladenden Himmelbettes. Links und rechts neben ihm haben es sich Katalina und Helena inmitten von unzähligen kleinen, roten Kissen völlig unbedeckt gemütlich gemacht. Sie machen sich nicht einmal die Mühe, ihre nackten Körper zu bedecken als sie mich erblicken. Vielmehr ignorieren sie mich und schmiegen sich enger an den Jungen in ihrer Mitte. Katalinas volle Brüste drücken sich gegen seine Seite, während er mit den langen, brünetten Locken spielt, die über ihre Schultern auf sein Kissen fallen. Ein Bein hat sie um seines geschlungen, reibt sich an ihm, während sie mit ihren langen Fingernägeln kleine Kreise auf seine Brust zeichnet.

Auf der anderen Seite kuschelt sich Helena an ihn und wirft ihm mit ihren großen, blauen Augen schmachtende Blicke zu. Sie leckt sich die Lippen und streichelt verspielt über seine Oberschenkel, die zarten Hände nur wenige Zentimeter von seinem Geschlecht entfernt. Ich kann ihr ansehen, wie sehr es sie giert, dorthin zu greifen.

»Schämt ihr euch gar nicht?«, herrsche ich sie an. »Euer Kral ist noch nicht einmal einen Mond tot und ihr habt nichts Besseres zu tun als in das Bett seines Sohnes zu kriechen?«

In den Gesichtern der beiden Kralici sehe ich kein Verständnis, keine Reue. Ich glaube nicht einmal, dass ihnen bewusst ist, wie würdelos sie sich verhalten. Katalina zieht einen Schmollmund und sieht zu Dimitras, wartet ab, wie er reagiert. Helena tut es ihr gleich. Ich folge ihrem Blick, bis mich die Augen des Jungen treffen. Die Augen des zukünftigen Krals.

»Wie kannst du nur?«, fahre ich ihn an.

Ich schüttle den Kopf und laufe aus dem Zimmer. So etwas hätte ich nicht erwartet. Nicht von Dimitras.

»Darina, warte!«, höre ich ihn sagen, doch es ist zu spät.

Ich kann meine Enttäuschung nicht länger zurückhalten. Ich spüre schon, wie mir Tränen in die Augen steigen und ich will keinen von ihnen mehr ansehen müssen. Schnellen Schrittes eile ich zurück in meine Kammer, drehe mich ein paar Mal nach möglichen Verfolgern um. Doch da ist niemand, es scheint keinen zu kümmern, was ich tue. Also husche ich zurück in meinen Schlafraum, zurück in mein Bett. Der Hunger ist ohnehin längst vergessen.



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