Drama & Erotikthriller: Belle - gefährliche Sünde





Einsam, verraten und betrogen - Linda ist am Ende, als sie Belle trifft. Erst dank der neuen Freundin geht es wieder aufwärts. Belle flößt Linda Mut ein und unterstützt sie dabei, ihre Träume zu verwirklichen. Heiße Sexabenteuer, Karriere und die große Liebe sind plötzlich zum Greifen nahe. Doch Belles Hilfe kommt nicht umsonst und bald findet sich Linda in einer gefährlichen Abhängigkeit von einer Frau wieder, von der sie nahezu nichts weiß. Was ist Belles dunkles Geheimnis? Woher kennt sie Lindas Liebhaber? Und welches Ziel verfolgt sie wirklich?


1. Dreißig und kein bisschen schmutzig

Heute Abend sollte ich mich unwiderstehlich fühlen. Ich sollte Spaß haben. Feiern. Flirten. Mit aufregenden Männern durch die Nacht tanzen. Thirty, hot and dirty ist das Motto, das fett an der Wand der Kellerbar prangt, die meine Freundinnen für mich reserviert haben. Ein Spruch, der mich schon den ganzen Abend begleitet und der dennoch unpassender nicht sein könnte.

Das ist mein dreißigster Geburtstag, okay. Aber ich fühle mich kein bisschen hot. Und schon gar nicht dirty! Habe ich noch nie und werde ich vermutlich auch nie. Daran kann auch ein blöder Schriftzug an der Wand nichts ändern.

»Jetzt guck doch nicht so traurig, Linda!« Emma ist neben mir aufgetaucht und zieht eine Schnute. »Ich hab dir einen Shot mitgebracht!«

Dankbar greife ich nach dem hochprozentigen Seelentröster, den sie mir entgegenstreckt und leere das Glas in einem Zug. Nicht, dass das irgendetwas bringen würde, aber zumindest für den Aufheiterungsversuch bin ich meiner Freundin dankbar.

»Du siehst toll aus heute!«, versichert sie mir und fingert an meinem Ausschnitt herum, bis er ihrer Meinung nach großzügig genug ist. »Aber du hättest wirklich den Minirock anziehen können, den ich dir geschenkt habe!«

Mit deinen Beinen vielleicht, denke ich, aber behalt es für mich. Es hat keinen Sinn, Emma Komplimente zu machen. Sie würde protestieren und sich beklagen, dass sie zu dünn sei, zu groß, zu blond und weiß der Teufel was alles. Emma findet immer etwas, das sie an sich stört. Auch wenn sie weiß, dass viele Frauen töten würden, um so auszusehen wie sie. Mich eingeschlossen.

»Hast du schon gesehen, dass Gerry Parker hier ist? Der Polizist?« Grinsend deutet sie in Richtung des großen Dunkelhaarigen, der an der Tür aufgetaucht ist und sich suchend umsieht. »Der wär’ doch genau dein Typ, oder?«

»Ach, ich weiß nicht …« Verlegen streiche ich mir eine haselnussbraune Haarsträhne hinters Ohr.

Ich komme nicht mehr dazu, meinen Satz zu beenden, weil Emma Gerry schon zu uns gewunken hat. »Das ist Linda, unser Geburtstagskind. Sie wird heute dreißig! Und sie ist noch Single!«

Ich kann spüren, wie mir die Hitze in den Kopf steigt und wie ich knallrot anlaufe, während Gerry mich freundlich anlächelt. Warum kann sie nicht einfach die Klappe halten? Höflichkeitshalber streckt er mir die Hand entgegen und gratuliert. An seinem Gesichtsausdruck kann ich sehen, dass er nach einem Gesprächsthema sucht, doch es scheint ihm nichts einzufallen. Zum Glück beendet Emma sein Leiden, indem sie erneut die Kontrolle übernimmt und beginnt, wie ein Wasserfall auf ihn einzureden, bloß unterbrochen von ihrem eigenen Gekicher:

»Bist du noch immer im Eishockeyteam? Ich meine, man sieht ja, dass du trainierst! Ich dagegen mache viel zu wenig Sport… sollte ich eigentlich, du weißt schon wegen den Fotoshootings…Außerdem beginnt ja bald die Bikinisaison… Wie, du findest, ich bin schlank genug? Du Schmeichler! Hör auf… okay, gut, dann lass uns tanzen!«

Emma wirft mir einen entschuldigenden Blick über die Schulter zu, während sie sich von Gerry auf die Tanzfläche ziehen lässt. Ich nicke, damit sie sieht, dass ich ihr nicht böse bin. Typen wie Gerry stehen einfach nicht auf mich, das weiß ich und deshalb stört es mich auch nicht im Geringsten, dass er mit Emma abzieht. Zu ihr passt er ohnehin viel besser. Lachen, flirten, vögeln. Und morgen tun beide so, als ob sie nur die besten Freunde wären. Ich hab es schon viel zu oft miterlebt, um mich noch darüber zu wundern.

 

Seufzend sinke ich zurück auf meinen Barhocker und bestelle mir einen Gin Tonic. Ich bin nicht müde, aber ausgelaugt. Ich hasse es, dauernd zu lächeln. Zu beteuern, dass ich Spaß habe und dass es mir überhaupt nichts ausmacht, dreißig zu werden. Zur Hölle, es macht mir was aus! Dabei ist nicht einmal das Alter das Problem. Das, was mir wirklich zu schaffen macht, ist die Liste, die ich heute morgen aus den Tiefen meines Kleiderschrankes geborgen habe und seither in meiner Hosentasche trage. DIE Liste. Geschrieben mit fünfzehn, eingesperrt und verwahrt bis heute. Noch jetzt wird mir übel, wenn ich an die Träume und Ziele auf dieser Liste denke. Verheiratet wollte ich sein mit dreißig und zwar mit dem Mann meines Lebens und dem Vater meiner Kinder. Ich wollte ein tolles Auto fahren und ein noch tolleres Haus besitzen, am besten eine Villa irgendwo am Bodensee. Kein Problem, wenn ich tatsächlich die Chefin eines großen Modeimperiums geworden wäre, wie ich mir vorgenommen hatte!

Und was habe ich wirklich erreicht? Kein Mann in Sicht, noch nicht einmal in weiter Ferne. Kein Auto, kein Haus. Bloß eine Mietwohnung, die eigentlich viel zu teuer für mich alleine ist, seit mein Ex mich hat sitzenlassen. Und einen Job, den ich von Tag zu Tag mehr hasse, weil mich mein Chef einfach übersieht.

»Auf die verlorenen Träume«, murmle ich der überrascht aussehenden Barkeeperin zu und hebe mein Glas. Es ist Mitternacht und eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis das große Happy Birthday Singen beginnt. Ich kann es gar nicht erwarten. Den nächsten Drink auch nicht.

Nervös krame ich in meiner Tasche nach dem Telefon. Wo bleibt bloß Rita, meine verständnisvolle, witzige und aufmunternde Freundin? Sie wollte schon vor Stunden hier sein! Mir schwant Übles, als ich ihren Namen auf dem Display sehe. »Bitte nicht absagen«, flehe ich stumm das Handy an, als ich die Kurzmitteilung öffne.

»Es tut mir furchtbar leid, Linda«, ist das Erste, das ich lese und ich kann spüren, wie meine Kopfschmerzen schlagartig schlimmer werden, »unsere Kleine ist krank und ich kann hier nicht weg. Wir holen’s nach, versprochen!«

Ich atme tief durch und stecke mein Handy weg. Ich werde die Party auch ohne Rita überstehen, so viel ist sicher. Bloß der Spaßfaktor ist nicht derselbe.

»Darf ich um eure Aufmerksamkeit bitten?«

Ich fahre herum, als ich Patricks Stimme höre. Ich kenne Patrick schon mein halbes Leben und ich kenne ihn in und auswendig. Man könnte fast sagen, dass er so etwas wie ein Bruder für mich ist. Fast… denn seine Stimme hat in all der Zeit kein bisschen von ihrer Wirkung auf mich eingebüßt. Noch jetzt schafft er es, mit einem einzigen Wort einen kleinen Schauer über meinen Rücken zu treiben. Auch, wenn er schon seit fünf Jahren mit meiner besten Freundin zusammen ist.
Jetzt geht gleich das Gesinge los, denke ich und versuche mich mental darauf vorzubereiten. Dass ausgerechnet Patrick den Anfang macht, überrascht mich, wo ich doch weiß, dass er alles andere als musikalisch ist. Erinnerungen an das Karaokesingen in der Klasse kommen mir in den Sinn und ich muss schmunzeln bei dem Gedanken, wie sich bei seinem Auftritt schlagartig das Lokal geleert hat. Ich bin geblieben und habe geklatscht. Und sein dankbares Lächeln war genug Entschädigung für meine wunden Ohren.

»Wir sind heute alle wegen Linda hier«, sagt er und ich spüre einen zweiten Schauer, als sich die Gesichter zu mir umdrehen.

»Linda ist meine allerbeste Freundin und eine tolle Frau!« Ein paar Leute applaudieren und ich muss mich am Tisch festkrallen, weil ich schon ahne, dass da noch mehr kommt.

»Linda, ich möchte dir für all die lustigen, aufregenden und verrückten Dinge danken, die wir zusammen erlebt haben. Das vergesse ich nie.«

Er hebt das Glas und ich tue es ihm gleich. Unsere Blicke treffen sich und ich kann spüren wie meine Augen feucht werden. Jetzt hat er es tatsächlich geschafft, mich zu rühren.

»Und ich möchte dir für noch etwas danken.«

Meine Finger schließen sich fester um den Drink, während ich ihn gebannt ansehe. Ich kann nicht leugnen, dass ein winziger Teil von mir darauf hofft, etwas ganz Bestimmtes zu hören. Etwas, das er unmöglich sagen wird.

»Ich möchte dir danken, dass du mir Sophie vorgestellt hast. Die Frau meines Lebens. Sophie, Schatz, komm doch mal her.«

Sophie sieht überrascht aus, als er sie zu sich winkt und eine Sekunde lang bin ich froh, dass es nun sie ist, die alle Leute anstarren. So komme ich wenigstens kurz zum Durchatmen.

»Sophie, du bedeutest mir alles. Seit du in mein Leben getreten bis, hat sich alles geändert… und zwar zum Besten. Ich will, dass es für immer so bleibt und deshalb will ich dich fragen: Möchtest du meine Frau werden?«

Im Saal ist es so still geworden, dass ich hören kann, wie meine Freundin scharf die Luft einsaugt. Es fühlt sich an, als hätte uns jemand in Vakuum gestülpt. Als hätte die Erde aufgehört sich zu drehen und als würde die Zeit still stehen. Mit großen Augen starre ich die beiden an, die in der Mitte des Saales stehen und sich wiederum gegenseitig anstarren.

»Ja. Ja. Jaaa!«

Mit einem Satz liegt Sophie in seinen Armen und die Musik setzt schlagartig wieder ein. Klatschen und Jubelrufe sind zu hören. Begeisterung von allen Seiten. Der DJ spielt ein Lied für die beiden und ich bin noch immer unfähig den Mund zu schließen, während ich ihnen zusehe. Er hat es getan. Er hat es wirklich getan! Und ich habe keine Ahnung, ob ich jetzt lachen soll oder weinen. Ich weiß, ich bin eine schreckliche Freundin. Patrick liebt sie, da bin ich mir sicher. Und Sophie liebt ihn auch. Nur leider heißt das noch lange nicht, dass er der Einzige für sie ist.

Stevie Wonders Happy-Birthday-Lied reißt mich aus meinen Gedanken, wie ein Schlag ins Gesicht.

»Und jetzt lasst uns alle auf Linda anstoßen! Auf das Geburtstagskind!«

Noch bevor ich irgendetwas tun kann, werde ich von allen Seiten umarmt und gedrückt. Geherzt und beglückwünscht. Sophie fällt mir freudestrahlend um den Hals.

»Tut mir so leid, dass er das ausgerechnet hier gemacht hat! An deinem Tag! Aber ich bin soo glücklich!« Mit ihrem schönsten Wimpern-Klimpern hält sie mir den Klunker unter die Nase, den Patrick ihr angesteckt hat.

»Kein Ding«, sage ich und lächle. »Ich freu mich für euch! Der Ring ist wunderschön!«

Sophie strahlt wie ein Honigkuchenpferd, als ihr Verlobter sie von mir wegzieht. Und ich werde ohnehin gleich in die nächste Umarmung gezogen. Vier Minuten und fünfundvierzig Sekunden dauert das Lied und ebenso lange das Getümmel um mich herum. Als die letzten Töne verklingen, komme ich gemeinsam mit Stevie Wonder endlich zum Durchatmen.

Ein langsamer Schmusesong hat begonnen und alle drängen auf die Tanzfläche. Alle, außer mir. Ich muss lachen, weil die Situation so ironisch ist. Habe ich tatsächlich lauter Pärchen eingeladen? Verliebte, turtelnde Pärchen, die sich jetzt eng umschlungen neben dem »Thirty, hot and dirty«, Schriftzug im Takt der Musik wiegen?

Mir wird schwindelig und ich kann nicht mehr sagen, ob es an der Umgebung liegt oder an dem Drink, den ich noch immer halb voll in meinen Händen halte. Ich weiß nur, dass ich raus muss. Weg von dieser Party und weg von all den Pärchen. Irgendwohin, wo ich alleine bin und zum Nachdenken komme.



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